Transportation & Mobility

Worauf es in der modernen Führung in der Mobilitätsbranche ankommt

Die Mobilitätswende ist in vollem Gange. Angebote der Shared Mobility gewinnen zunehmend an Bedeutung. Digital-technologische Innovationen sowie das Streben nach Klimaschutz und Nachhaltigkeit beflügeln diesen Trend.

Die Geschwindigkeit, mit der sich Geschäftsmodelle in der Mobilitätsbranche entwickeln, ist enorm.

Wie gelingt es Unternehmen, mit den Marktveränderungen Schritt zu halten? Sich stetig anzupassen oder sogar Trends zu setzen? Und welche Rolle spielt dabei die Geschäftsführung?

Dies haben wir Sylvia Lier (Zum Linkedin-Profil), Managing Director des Mobilitätsplattformanbieters TAF und Ex-CEO von DB Connect, gefragt. Im Gespräch mit Cyforwards berichtet sie, was sich in ihren 15 Jahren auf C-Level verändert hat, welchen Wert starke Netzwerke haben und was ihr privat Kraft gibt.


Frau Lier, was motiviert Sie nach fast 20 Jahren als Führungskraft im Mobilitätsumfeld?

Diese Motivation hat sich im Laufe der vielen Jahre verändert. In der ersten Führungsrolle ging es tatsächlich erstmal „nur“ darum, verantwortlich sein zu dürfen für Menschen und Arbeitsthemen bzw. Projekte. Es hat mir Spaß gemacht, die unterschiedlichen Stärken zu erkennen und zu nutzen und das Team dadurch als Gruppe zum Erfolg zu bringen.

Wie waren dann Ihre Erfahrungen auf Geschäftsleitungsebene?

In der ersten Rolle auf C-Level, als Vertriebsdirektorin bei LeasePlan, ging es dann um neue Herausforderungen: Entwicklungen im Markt beobachten, Strategien für die weitere Positionierung des Unternehmens entwickeln und daraus neue Geschäftsmodelle ableiten und auszugestalten. Im veränderten Wettbewerb auch weiterhin zu bestehen – das hat mich sehr motiviert.

Dabei waren es nicht nur Marktkenntnisse, sondern auch Weitsicht, Überzeugungskraft und vor allem Mut, auf den es ankam. Mich hat es (meistens) motiviert, etwas Neues auszuprobieren und dafür braucht man eine gute Portion Mut, denn man riskiert ja auch, dass etwas Neues nicht funktioniert. Das muss man dann auch mal aushalten können.

Mit dem Wechsel zur Deutschen Bahn und der Rolle als CEO ging es vor gut acht Jahren dann tatsächlich das erste Mal darum, etwas Bedeutsames, etwas mit größerem Sinn zu tun. Es ging mit einem Mal nicht mehr um das Auto, sondern um vielfältige/multimodale Mobilität aus ÖPNV- und Shared Mobility-Angeboten.

Damals wurde mir bewusst, dass ich als Managerin Angebote für Mobilität so gestalten kann, dass die Menschen auch ohne eigenes Auto gut und klimagerecht mobil sein können. In der Personenmobilität einen Footprint zugunsten unseres Klimas zu hinterlassen, das motiviert mich bis heute enorm.   

In der modernen Führungskultur geht es oft um den Purpose. Wie nehmen Sie das wahr?

Aus meiner Sicht achten wir vielmehr auf den Sinn unseres gemeinsamen Tuns. Unseren Purpose.

Wofür stehen wir als Individuum, wofür stehen wir als Team, als Unternehmen? Welche Haltung haben wir oder nehmen wir bewusst ein? Welche Werte liegen unserer Zusammenarbeit mit Kolleg*innen und, Kund*innen, Geschäftspartner*innen zugrunde? Das macht uns als moderne Führungskraft aus.

Was bedeutet das für Führungskräfte konkret?

Es geht heute bei Führung weniger darum, die eigene Expertise zu demonstrieren, sondern stattdessen achtsam zu sein, welches Teammitglied was benötigt, um voll in der Kraft zu sein oder in die Kraft zu kommen. Es geht um ein coachendes Rollenverständnis, das den Menschen nicht nur als Arbeitskraft, sondern als Menschen mit persönlichen Belangen ernst nimmt.

Natürlich braucht Leadership auch (Fach-)Wissen, keine Frage.

Am erfolgreichsten sind heute aber die Personen, die ein Zielbild vermitteln und dafür glaubwürdig motivieren können. Besser gesagt, Menschen für etwas gewinnen können, so dass sie ihre Aufgaben aus Überzeugung erledigen und nicht weil etwas angeordnet wurde.

Leadership bedeutet auch zuzulassen, dass klassische Führungsstrukturen in den Hintergrund treten und stattdessen bereichs- und hierarchieübergreifend gearbeitet wird. Dabei stehen Netzwerke und Kooperationen im Vordergrund.

Wie ist es Ihnen gelungen, über viele Jahre Verantwortung für hunderte von Mitarbeiter*innen zu tragen?

Es ist – wie so oft – eine Mischung aus Vielem: Auf der einen Seite sind es Wissen, Erfahrungen, messbare Erfolge, die man dafür mitbringt. Auf der anderen Seite der eigene Wille, solche Rollen auszufüllen und dazu gehört vor allem, Menschen begeistern und unternehmerische Aufgaben vorantreiben zu können.

Es gehört aber auch viel Disziplin dazu – die Bereitschaft oftmals die Extrameile zu gehen und auch, sich selbst aufrichten zu können, wenn´s mal schwierig ist…

So viel zu den Aspekten, die bei einem selbst liegen. Hinzukommt das Umfeld, das einen ermuntert und Kraft spendet – das war in meiner Kindheit und Jugend meine Mutter, die an mich geglaubt hat und mir immer gesagt hat, „Du schaffst das schon!“

Und ohne meinen Ehemann wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Wir sind seit fast 30 Jahren ein Paar. Er und unsere zwei Söhne sind mein größtes Glück. Und dass wir alle gesund sind und uns gut verstehen. Es ist elementar, sich genau das bei aller Karriereambition immer wieder bewusst zu machen.           

Welche Anforderungen stellt die sich rasant entwickelnde Mobilitätsbranche an die Rolle von CEOs?

Wenn Sie heute ein Unternehmen in der Mobilitätsbranche verantworten, geht es in vielen Fällen um finanzielle Stabilität. Schauen wir auf die Shared Mobility-Anbieter: Sie sehen sich konfrontiert mit zunehmender Regulierung in den Städten und Kommunen und müssen ihre Services gleichzeitig professionalisieren. Dem ist längst nicht jeder Anbieter gewachsen, so kommt es zwangsläufig zur Konsolidierung im Markt. Andere Dienstleister erweitern ihr Angebot um weitere (Mobilitäts-)Services und erschließen sich damit neue Erlösquellen.

Besonders große Bedeutung haben Kooperationen: Sich mit dem eigenen Angebot an Plattformen anzuschließen oder andere Marktteilnehmer einzuladen, sich auf der eigenen Plattform zu präsentieren, ist eine der relevanten Veränderungen. Schaut man in der Mobilitätsbranche nun auf die große Anbietergruppe „ÖPNV“, bedeutet dieser Aspekt Transformation. Transformation von der Bus- und Bahngesellschaft hin zu einem Anbieter für integrierte Mobilitätsdienstleistungen.

Und was muss die Geschäftsführung konkret tun?

Zum einen, gemeinsam mit dem Team Marktveränderungen genau zu beobachten und alle zu motivieren, zügig Antworten auf neue Marktgegebenheiten zu finden. Und es bedeutet, vor allem in Netzwerken zu denken und zu agieren: Wer sind geeignete Partner*innen? Wer sind ernst zu nehmende Wettbewerber? Welche technologischen Standards müssen beherrscht werden? Ein Team muss dabei gut verstehen, dass Anpassungsgeschwindigkeit „key“ ist.

Auf der persönlichen Ebene erleben CEOs immer häufiger, dass sie nicht mehr alles perfekt durchdringen bzw. verstehen. Umso wichtiger ist es also, sich selbst nicht als DEN/DIE Experten/Expertin zu verstehen sondern vor allem als Manager*in eines Teams aus vielen Profis. Das erfordert einerseits die Bereitschaft zum „Loslassen“ und andererseits eine hohe Kommunikationskompetenz.      

Welche Lösungen bietet Ihr israelisches Software-Unternehmen TAF an?

Die TAF mobile GmbH ist ein Software-as-a-Service Unternehmen, entwickelt innovative Ticketing-, mobile App- und Onlinevertriebssysteme sowie vor allem multimodale Mobilitätsplattformen (MaaS) für Unternehmen im ÖPNV.

Durch eine solide Kundenbasis und Partnerschaften mit Mobilfunkanbietern, Forschungsinstituten, ÖPNV-Verbänden und branchengleichen Unternehmen besitzt die TAF eine umfassende Anwendungserfahrung und ein fundiertes Expertenwissen von über 15 Jahren.

Wo ist die Lösung schon im Einsatz und was macht sie besonders?

Verkehrsunternehmen wie bspw. die Bogestra, Stadtwerke Bonn Bus & Bahn oder die Magdeburger Verkehrsbetriebe vertrauen auf die Partnerschaft und das Branchen-Know-How von TAF.

Unsere multimodale Plattformlösung Leipzig MOVE ist seit zwei Jahren sehr erfolgreich im Einsatz bei den Leipziger Verkehrsbetrieben: 325.000 Downloads, 150.000 Nutzer*innen, zwei Mio. Buchungen.

Man könnte sagen, jede*r vierte Leipziger*in nutzt die App. Warum ist sie so begehrt? Weil sie sich einerseits intuitiv sehr gut bedienen lässt und andererseits komfortabel Zugang zu verschiedenen Shared Mobility inkl. On-Demand-Shuttle Angeboten ermöglicht.

Eine One-Shop-Stop-Lösung also. Demnächst werden wir auf dieser Plattform auch Services zur Verfügung stellen, die es den Verkehrsgesellschaften ermöglichen, ihren Geschäftskunden Mobilitätsbudget-Lösungen anzubieten – ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

In Ihrer Rolle als Managing Director sind Sie sehr sichtbar, nutzen etwa LinkedIn als Plattform stark und vertreten dort Ihre Meinung. Heute ein Muss für jede Führungskraft?

Auf jeden Fall. Ich nutze LinkedIn seit 2018 und ich profitiere sehr von meinem starken Netzwerk und dem intensiven, fachlichen Austausch. Wichtig sind dabei die eigenen Aktivitäten: Kommentare und Beiträge. Nur ein paar Likes am Abend auf dem Sofa sind – zwar besser als nichts – aber tatsächlich zu wenig.

LinkedIn ist für mich deshalb fester Bestandteil im Arbeitsalltag und macht es möglich, dass ich nicht nur als Managerin und Expertin sondern gleichermaßen als Botschafterin für klimagerechte Personenmobilität wahrgenommen werde.      

Frau Lier, ich danke Ihnen herzlich für unser Gespräch.


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Über Cyforwards:
Die Cyforwards GmbH bietet eine integrierte Personalberatung in den Themenschwerpunkten Executive Search und People & Organizational Development. Sie besetzt Führungs- und Fachpositionen überwiegend in der IT-Managementberatung. Der Fokus liegt auf den Branchen Public Sector & GovernmentTransportation & Mobility sowie Healthcare. Als Transformationsberater und -begleiter unterstützt Cyforwards Individuen und Organisationen, ihre Ziele zu erreichen und Potenziale zu entfalten. Benjamin Wittekind gründete das Unternehmen 2018 in München. 

Bild: eigenes

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