Ein neues Digitalministerium auf Bundesebene ist Bestandteil der aktuellen Koalitionsverhandlungen. Doch braucht Deutschland wirklich ein 15. Bundesministerium, um die Digitalisierung erfolgreich stemmen zu können? Diese Frage wird die Politik beantworten.
Unabhängig davon liegen die Knackpunkte für eine erfolgreiche Digitalisierung der Republik jedoch an anderer Stelle, nämlich in den Händen der Kommunen.
Bürger sollen von Digitalisierung profitieren
Die Bürger kommen mit der öffentlichen Verwaltung überwiegend auf kommunaler Ebene in Berührung. Hier entscheidet sich, ob die Digitalisierung der Verwaltung in der Öffentlichkeit als Erfolg wahrgenommen wird. Leider ist die Digitalisierung in den Kommunen noch nicht auf einem guten Weg, wie eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums unlängst dargelegt hat.
So verfügt weniger als die Hälfte der Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern über eine Digitalstrategie, bei Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern ist es nur jede fünfte.
Betracht man über die Strategie hinaus auch die Umsetzungsebene, so sieht es noch schlechter aus: gerade mal 20 Prozent aller deutschen Kommunen befinden sich überhaupt in der Umsetzungsphase , und weniger als jede zehnte davon befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen Umsetzungsstadium.
Anders ausgedrückt: 9 von 10 Städte und Gemeinden in Deutschland haben bis dato wenig bis gar keine Digitalisierungsmaßnahmen umsetzen können. Und wenn doch etwas erledigt wurde, dann lag der Schwerpunkt eher auf der Etablierung digitaler Infrastrukturen zur behördlichen Zusammenarbeit. Typische bürgernahe Anwendungsfelder wie Raumordnung, Energie, Umwelt oder Gesundheit spielen allenfalls eine untergeordnete Rolle.
Digitalisierung fordert Kommunen doppelt heraus
Zu den immanenten Herausforderungen der Digitalisierung für die Kommunen kommt mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017 eine große Anforderung vonseiten der Bundesregierung. Das OZG legt fest, dass bis Ende 2022 knapp 600 behördliche Angebote vollständig digitalisiert sein sollen. Davon müssen gut 80 Prozent durch die Kommunen umgesetzt werden. Stand Mitte 2021 war, dass erst 2,4 von 10 kommunalen Leistungen digitalisiert sind. Eine vollständige Umsetzung im kommenden Jahr ist daher unrealistisch.
Ein strukturelles Problem, das ein schnelleres Vorankommen verhindert, ist ein großer föderaler „Wildwuchs“ aus einzelne Softwarelösungen und IT-Ökosystemen, die kommunal und regional sehr unterschiedlich und voneinander losgelöst entwickelt werden. Dies hat der nationale Normenkontrollrat der Bundesregierung in seinem im Juni dieses Jahres veröffentlichten Positionspapier zur digitalen Verwaltung ausführlich darlegt.
Die Heterogenität dieser Lösungen verhindert mögliche Effizienzgewinne durch Skalierung und Bündelung der eingesetzten Ressourcen. Und sie ist teuer: Kommunen klagen regelmäßig darüber, dass die Finanzierung von Digitalisierungsvorhaben vor allem bei technisch komplexen Projekten und die damit einhergehende externe Mittelbeantragung sehr anspruchsvoll sei und ihre Möglichkeiten teilweise auch übersteige.
Fast alle Städte und Gemeinden in Deutschland wünschen sich daher mehr externe Beratung und Hilfestellung für das Management ihrer Digitalisierung.
Externe Berater können kommunale Personallücken ausgleichen
Der Grund für den Wunsch der Kommunen nach externer Hilfe für IT-Projekte ist unter anderem der große Mangel an entsprechendem Fachpersonal in der öffentlichen Verwaltung. Die ohnehin knappen Spezialisten sind in ganz Deutschland verteilt, sodass sich ein übergreifendes Knowhow nur bedingt bilden und durch die Dezentralität auch keine große Schlagkraft entwickeln kann.
Zeitnahe Entwicklungen auf dem qualitativen und quantitativen Niveau anderer entwickelter Staaten oder gar der Privatwirtschaft sind so nicht zu schaffen. Auch in der Zukunft wird es nicht besser, da sich der zuspitzende Personalmangel im Öffentlichen Dienst Demografie bedingt weiter verschärfen wird. Der Normenkontrollrat des Bundes hat das in diesem Jahr ausgiebig dargestellt.
Wir sehen hierin die Bestätigung, dass Deutschland mehr in die Ausbildung von Digitalisierungs- und IT-Fachkräften investieren muss. Es gilt schnellere Wege für Abschlüsse zu entwickeln, genauso wie Karrierepfaden zwischen Öffentlichem Dienst, Wissenschaft und Privatwirtschaft zu öffnen (siehe Interview Prof. Helge Nuhn).
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Die Cyforwards GmbH bietet eine integrierte Personalberatung in den Themenschwerpunkten Executive Search und People & Organizational Development. Sie besetzt Führungs- und Fachpositionen überwiegend in der IT-Managementberatung. Der Fokus liegt auf den Branchen Public Sector & Government, Transportation & Mobility sowie Healthcare. Als Transformationsberater und -begleiter unterstützt Cyforwards Individuen und Organisationen, ihre Ziele zu erreichen und Potenziale zu entfalten. Benjamin Wittekind gründete das Unternehmen 2018 in München.
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