Es gibt kaum ein Feld, auf dem technologische, ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Aspekte so stark zusammentreffen, wie im Transport von Gütern und Personen. Daher nimmt die Politik dort eine wichtige Rolle ein.
Grund genug bei Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr und zugleich neuer Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik, nachzufragen.
Im Interview mit Cyforwards spricht er über die verkehrspolitischen Ziele der Koalition, die Digitalisierung in Transport und Logistik sowie die Rolle der Politik für den Standort Deutschland.
Herr Luksic, wie fühlen Sie sich mit der Aufgabe, die deutsche Politik im Güterverkehr und der Logistik zu koordinieren?
Ich fühle mich sehr wohl mit meinen neuen Aufgaben, die Themen des Ressorts sind mir aus meiner parlamentarischen Arbeit als Sprecher für Verkehr der FDP-Bundestagsfraktion gut vertraut. Als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr und neuer Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik werde ich mich daher auch weiterhin intensiv für eine moderne und wettbewerbsfähige Transportwirtschaft einsetzen.
Dabei geht es mir besonders darum, Digitalisierung und Intermodalität der Logistik voranzubringen sowie Klimaschutz, technische Innovation und wirtschaftlichen Erfolg miteinander zu verbinden. Hier gibt es viele wichtige Gestaltungsmöglichkeiten für eine erfolgreiche Zukunft dieses Landes und den internationalen Erfolg unserer Volkswirtschaft!
Welchen Einfluss hat die Verbindung von Digitalisierung und Verkehr auf Ihre Arbeit?
Digitalisierung und Transport, ob für Personen oder Güter, gehören zusammen wie nie zuvor. Insofern hat die Vernetzung dieser Themen eine große Bedeutung. Insbesondere der reibungslose Güterverkehr ist ein internationaler Wettbewerbsfaktor. Hier bieten sich neue Chancen für Deutschland. Als Digitalministerium wollen wir dabei die Daten- und Digitalpolitik der neuen Bundesregierung maßgeblich gestalten und Taktgeber für die digitale Entwicklung sein.
Um die Chancen der Digitalisierung vollständig nutzen zu können, ist insbesondere eine leistungsstarke digitale Infrastruktur grundlegend. Durch die Bereitstellung und Analyse flächendeckender Verkehrsdaten in Echtzeit oder die gemeinschaftliche Entwicklung neuer digitaler Lösungen und den Einsatz Künstlicher Intelligenz etwa bietet sich so ein enormes Potenzial.
Daten sind dabei der Schlüssel für eine erfolgreiche und effektive Digitalisierung. Für die Bereitstellung von Mobilitätsdaten setzen wir auf zwei Säulen: Erstens die Mobilithek als Nationalen Zugangspunkt, über den vor allem bereitstellungspflichtige und offene Daten veröffentlicht werden; und den privatwirtschaftlich organisierten „Mobility Data Space“ (MDS) für den freiwilligen, sicheren, souveränen Datenaustausch und -handel. Beide Systeme werden technisch miteinander verknüpft.
So schaffen wir eine umfassende Übersicht über verfügbare Datenangebote und machen sie über leistungsfähige Datenbroker zugänglich. Wir bauen damit ein ganzheitliches Ökosystem auf, über das Daten aus öffentlicher Hand ebenso wie Daten aus dem Privatsektor zugänglich werden.
Erste Anwendungen sind bereits in Betrieb. Darunter sind verschiedene Projekte – von der Gefahrenwarnung, wetterabhängigen Empfehlungen zur Verkehrsmittelwahl und der optimierten Parkplatzsuche bis hin zu KI-gestützten Verkehrsprognosen, der Unterstützung für die Elektromobilität und in Echtzeit vernetzten Fahrzeugen.
Was sind die aktuell größten Herausforderungen, die die Branche auf dem Weg zu einer volldigitalisierten Lieferkette noch zu bewältigen hat?
Ich bin davon überzeugt, dass wir Lieferketten immer umfassender digitalisieren und in Echtzeit vernetzen können. Logistikdienstleistungen werden mehr und mehr über Plattformen gehandelt, geplant und gesteuert.
Zu den großen Herausforderungen für die Digitalisierung von Lieferketten gehört, dass Auftraggeber, Transportdienstleister und Warenempfänger trotz unterschiedlicher Software miteinander kommunizieren müssen. Deshalb gilt es Schnittstellen zu schaffen, damit Daten schnell und effizient zwischen allen Beteiligten der Logistikkette fließen können und Abstimmungsprozesse beschleunigt werden.
Dank sicherer Kommunikations- und Datenräume wie dem Mobility Data Space wird dies möglich, ohne die Hoheit über die Daten zu verlieren. Daraus entsteht ein autonomes Logistik-Ökosystem – kurz: die Silicon Economy, in der Open-Source-Entwicklungen und Open Innovation eine zentrale Rolle einnehmen.
Wie kann die Politik hierbei unterstützen?
Ich bin der Überzeugung, dass Wirtschaft vor allem von der Wirtschaft gemacht wird. Deutschland ist im internationalen Vergleich gut aufgestellt und hat ein hohes Maß an Know-how zu bieten. Die Politik ist da gefordert, wo neue digitale Entwicklungen eine Anschubförderung oder geeignete rechtliche Rahmenbedingungen brauchen.
Nehmen wir als Beispiel den elektronischen Frachtbrief: Wir haben gerade die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, damit Unternehmen ihn im Geschäftsalltag nutzen können. Gleichzeitig unterstützen wir im Rahmen unseres Projekts „Silicon Economy“ die Entwicklung von Open-Source-Software, die es den Wirtschaftsbeteiligten erleichtern wird, über den elektronischen Frachtbrief dann auch in der Praxis untereinander zu kommunizieren.
Wir tun dies, weil wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass in der Logistik wettbewerbsneutrale, für alle Beteiligte zugängliche digitale Anwendungen notwendig sind. Eine breite Palette davon wird zurzeit für die Logistik im „Silicon Economy“-Projekt entwickelt, mit einer Förderung von bis zu 25 Millionen Euro durch unser Ministerium.
Ein Schwerpunkt soll in Zukunft die sektorübergreifende Mobilität sein. Was bedeutet das für den Güterverkehr?
Wichtig ist, dass wir jeden Verkehrsträger bestmöglich nutzen, die Verkehrsträger dafür fit machen und zusätzlich für die bestmögliche Verknüpfung sorgen. Die Wirtschaft muss entscheiden können, welchen Verkehrsträger sie wählt. Wir wollen noch mehr Verlagerung auf die Schiene und die Wasserstraße., Dafür muss die Infrastruktur entsprechend ertüchtigt sein, damit die Wirtschaft verlagern kann.
Denn wir brauchen gut funktionierende Lieferketten von Haustür zu Haustür, von Unternehmen zu Unternehmen. Und wir müssen Möglichkeiten anbieten, dass die ersten und letzten Kilometer auf der Straße und die weite Strecke dazwischen möglichst auf Schiene und Binnenschiff zurückgelegt werden können. Die Zukunft liegt noch viel stärker als heute in intermodalen Logistikketten.
Das bedeutet aber auch: Der Lkw spielt auch in Zukunft eine wichtige Rolle – genau deshalb ist es ja so wichtig, dass auch die Antriebe auf der Straße klimaneutral werden. Und es ist entscheidend, dass wir die Rahmenbedingungen für kombinierte Verkehre weiter verbessern. Das tun wir, indem wir beispielsweise den Neu- und Ausbau von Umschlaganlagen mit Zuschüssen unterstützen. Denn diese sind die Herzstücke einer sektorübergreifenden Mobilität im Güterverkehr.
Gemäß des Koalitionsvertrages ist die Schiene das Transportmittel der Zukunft. Wie lösen Sie den stockenden Ausbau in der Infrastruktur?
Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, erheblich mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren. Aber Geld ist hier nicht alles. Ganz zentral ist vielmehr: Wir brauchen schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren, damit die Projekte möglichst zügig umgesetzt werden können.
Das gilt nicht nur für Schienenprojekte, sondern z.B. auch für Straßen, den Breitband- und Mobilfunkausbau und für Energieleitungen. Beschleunigung wird aber nur dann effektiv gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen.
Deshalb gehen wir das Thema ressortübergreifend an und werden uns in der gesamten Bundesregierung und auch mit den Ländern zügig auf Maßnahmen verständigen, die die Verfahren effizienter machen, modernisieren und digitalisieren. Bis zum Ende dieses Jahres wollen wir dazu die wesentlichen Entscheidungen treffen.
Sie fokussieren sich im Bundestag schon seit Beginn auf den Verkehr. Was ist Ihr Verkehrsmittel der Wahl?
Jedes Verkehrsmittel hat seine Stärken. Aber klar ist auch: Für meinen Alltag brauche ich gewöhnlich weder das Binnenschiff noch Lkw oder Güterzug.
Im Alltag ist es zumeist das Auto, das unserer Gesellschaft bisher unübertroffene Flexibilität gewährt. Gleichzeitig nutze ich gerade im Saarland auch gerne das Fahrrad und für Reisen Bahn und Flugzeug.
Wie in der Logistik gilt auch für meine eigene Mobilität: Intermodalität schafft Vorteile.
Herr Luksic, ganz herzlichen Dank für unser Gespräch.
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Über Cyforwards:
Die Cyforwards GmbH bietet eine integrierte Personalberatung in den Themenschwerpunkten Executive Search und People & Organizational Development. Sie besetzt Führungs- und Fachpositionen überwiegend in der IT-Managementberatung. Der Fokus liegt auf den Branchen Public Sector & Government, Transportation & Mobility sowie Healthcare. Als Transformationsberater und -begleiter unterstützt Cyforwards Individuen und Organisationen, ihre Ziele zu erreichen und Potenziale zu entfalten. Benjamin Wittekind gründete das Unternehmen 2018 in München.
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